You are currently viewing Weißt du wer du bist?
aus dem Schneckenhaus der Gewohnheit herauswachsen

Weißt du wer du bist?

… was ein Künstler zu sagen hat

Ich gehe davon aus, dass alle Künstler:innen, die mehr als nur rein Dekoratives mitzuteilen haben, in Ihrer Kunst widerspiegeln, wie sie sich selbst als Teil der Gesellschaft empfinden und damit Betrachter:innen Anregungen geben, sich selbst für die dargestellten Ausschnitte des Ganzen zu öffnen und die eigene Aufmerksamkeit darauf zu richten.

 

… mein Fenster zur Welt

Mein Ausschnitt des Ganzen, mein Fenster zur Welt, ist der künstlerische Appell, unreflektiert Gewohntes in Frage zu stellen und sich des eigentlich Wesentlichen bewusst zu werden. Ich beschäftige mich also mit unsichtbaren und unhörbaren Kräften und mache sie sicht- und hörbar. Daran, dass wie Heidegger vor 80 Jahren schrieb: „Der heutige Mensch nicht zu denken vermag, was der Mensch seinem Wesen nach sei.“ hat sich bis heute nicht viel geändert. Wir leben nach wie vor in einer traumatisierten, dem Wesentlichen entfremdeten Gesellschaft, vielleicht sogar weltweit. Aber dass ihnen das Wesentliche im Leben fehlt, ist vielen Menschen nicht bewusst.

 

… wie ich zu dem Thema kam

Die Entscheidung für mein künstlerisches Thema wurzelt in meiner Vergangenheit. Als Kind beobachtete ich die ärztliche Hilflosigkeit gegenüber meinen Kriegs traumatisierten Eltern. Seinerzeit wurden von Traumatisierung verursachte Beschädigungen des Individuums von Ärzten als Einbildung betrachtet. Was dazu führte, dass keinerlei Hilfsmittel zur Verfügung standen. Ich kenne Leute, die es sich bis heute sehr einfach machen und sich auf den Standpunkt stellen, seelische Notstände gäbe es nicht wirklich, weil sie auf direktem Weg weder einfach messbar noch einfach behandelbar sind. Auch heute glauben noch viele wissenschaftlich gebildete Menschen, die Nachvollziehbarkeit von Gefühlen müsse sich einzig und allein auf die genauere Erforschung des Gehirns beschränken. Ich vermisse dabei den ganzheitlichen Blick auf den Menschen.

 

… die Seele als Sitz der Gefühle wahrnehmen

Ist auch die Psychotherapie nun um einiges weiter als sie es im 20. Jahrhundert war, ist es doch nach wie vor vielerorts nicht selbstverständlich, dass seelische Gesundheit ebenso viel Fürsorge bedarf wie körperliche Gesundheit und dass „die Seele als Sitz der Gefühle“ von aufmerksamer Beobachtung sehr profitiert, da ihre Hilferufe bei Unterversorgung so leise sind, dass sie oft nur indirekt wahrgenommen werden können über zeitversetzt auftretende „unerklärliche“ körperliche Symptome.

 

… Gefühlen einen überschaubaren Rahmen geben

Meine künstlerische Entwicklung wurde früh begleitet von der Beschäftigung mit „durch Traumatisierung verloren gegangenen“ Gefühlen. Ich stellte fest, dass ein tieferes Bewusstsein für das eigene Wesen nicht nur dabei hilft, mit anderen in Kontakt zu treten und künstlerisch etwas zu sagen zu haben, sondern auch im Umgang mit sich selbst souveräner zu werden. Musik und bildende Kunst sind Maßbänder für Gefühle. Der überschaubare Rahmen macht sie fassbar.

 

… Schaden abwenden

Beschädigungen durch Traumatisierung entstehen nicht nur im Krieg, sondern auch im ganz normalen Alltag durch Überforderung und mangelnde Zuwendung, aus Gedankenlosigkeit und fehlender Empathie, durch körperliche und verbale Angriffe im Zusammenhang mit Machtspielen. Seelische Ressourcen werden besonders durch das wiederholte Erleben traumatischer Situationen eingeengt und verschüttet. Es ist schnell passiert, dass die Seele Schaden nimmt. Aber es ist schwer und langwierig, diese Schäden wieder auszugleichen. Im schlimmsten Fall ist nichts mehr zu retten. Am besten wäre, seelische Verletzungen durch mehr Behutsamkeit im Umgang miteinander zu vermeiden. Nachhaltig vorbeugend wirken tragfähige Beziehungen im liebevollen Kontakt zu sich selbst und zu anderen.

 

… mein Konzept am Beispiel der CD „Apokalypse“

Meine CD „Apokalypse“ ist ein musikalischer Gegenentwurf zu traumatisierenden Verhältnissen, die sich oft mit dem Zustand innerer Haltlosigkeit verbinden. Hierin beschreibe den konstruktiven Umgang mit apokalyptischen Szenarien anhand von Begebenheiten u. a. aus dem 30jährigen Krieg. Ich motiviere zur friedlichen Selbstbesinnung mit musikalischen Charakteren so bunt wie das Leben. So lege ich unter verschiedenen Aspekten alle meine Produktionen an.

Zur Hörprobe der CD „Apokalypse“

 

… Zitat

„Um eine selbstbestimmte Haltung zu finden und zu dir selbst Stellung zu nehmen, darfst du nicht zur Ruhe zu kommen, sondern setze dich immer wieder neu ins Verhältnis zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.“   

 (frei nach Kierkegaard)  

 

… Empfehlung

Thomas Hübl: Kollektives Trauma heilen, persönliche und globale Krisen verstehen und als Chance nutzen, IRISIANA Verlag, 2021